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Klaus Hölscher
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Film [Musical, Drama]

tick, tick...BOOM!

Andrew Garfield sitzt an einem Piano.

Netflix
Musical, Drama

Netflix’ neues Geheimrezept für einen Film-Erfolg? Man nehme einen jungen, charismatischen Spider Man-Darsteller, den Regisseur, der Musicals wieder cool gemacht hat und einen absoluten Broadway Klassiker. Das sind, in dieser Reihenfolge: Andrew Garfield + Lin Manuel Miranda + tick, tick... BOOM! Bei der Netflix-Produktion handelt es sich um die Neuinszenierung eines Broadway-Musicals von Jonathan Larson, der vor allem für sein Musical Rent bekannt ist. Aber dieser Film kann noch viel mehr, als nur singen und performen!

Andrew Garfield liegt mit einem Keyboard auf seinem Bett und drückt gedankenverloren die Tasten.
Quelle: Netflix

Die alte Frage der Work/Life-Balance

Jon (Andrew Garfield) ist ein aufstrebender New Yorker Komponist, der vom großen Durchbruch träumt. Seit Jahren arbeitet er an seinem großen Musical-Debut und kämpft gleichzeitig damit, die richtige Balance zwischen seinen Liebsten und der Leidenschaft zur Musik zu finden. Nicht nur seine Freundin Susan (Alexandra Shipp) fühlt sich vernachlässigt. Auch Jons bester Freund Michael (Robin de Jesús) entfremdet sich mehr und mehr von ihm. Klingt erst einmal nach der klassischen Story des getriebenen Künstlers, aber tick, tick... BOOM! hat noch viel mehr drauf. Und das, obwohl das Musical schon über 20 Jahre alt ist.

Drei Freunde des Hauptcharakters stehen in einer Küche und lachen fröhlich.
Quelle: Netflix

Von Träumen und Zweifeln in der Großstadt 

Man könnte fast vergessen, dass tick, tick... BOOM! nicht in der Gegenwart spielt, sondern in den 90er Jahren. Denn nicht nur die Mode dieses Jahrzehnts ist mittlerweile wieder aktuell: auch die relevanten Themen haben sich kaum verändert. Zu Beginn des Films spürt man die zeitliche Distanz zu den Hauptcharakteren noch, und dann? Dann spielt “Bohemia”, einer der ersten Songs des Films. Plötzlich bricht die gemütliche WG-Party zu Jons 30. Geburtstag in eine kleine Performance aus, singt von den zahlreichen Mitbewohnern der letzten Jahre und den eher bescheidenen Lebensverhältnissen: “I thought by now I'd have a dog, a kid, and wife. The ship is sort of sinking, so let's start drinking before we start thinking, "Is this the life?" (“Ich dachte, inzwischen würde ich Hund, Frau und Kind haben. Das Schiff ist irgendwie am sinken, also lass uns lieber trinken, bevor wir uns fragen: Ist das hier das Leben?”).

Das ist der Moment, in dem der Film einen packt. Zwischen Großstadt-WGs, der Frage, ab wann man eigentlich richtig erwachsen ist, und den ewig andauernden Zweifeln am eigenen Lebensweg vergisst man schnell die zeitliche Distanz zur Story. Sensibel und mit einem Augenzwinkern erzählt sich die Story - von künstlicher Extravaganz keine Spur.

Hauptcharakter Jon und sein bester Freund schlagen begeistert ein.
Quelle: Netflix

Musical oder Biographie?

Schon im Laufe des Films wird einem klar: diese Geschichte ist persönlich. Sie erzählt sich so nah und lebensecht, dass kaum ein Zweifel daran besteht, dass sie auf wahren Begebenheiten basiert. Und spätestens im Abspann beginnt dann die eigentliche Reise, auf die tick, tick... BOOM! uns schickt: die Suche nach den Spuren von Jonathan Larson. 

Der Komponist begann die Arbeit am Musical 1990, doch er verstarb 1996 an den Folgen einer schweren Krankheit, bevor es veröffentlicht wurde. Erst nach seinem Tod wurde es fertiggestellt. tick, tick... BOOM! erzählt nicht nur eine Story, die von Larson geschrieben, sondern auch gelebt wurde. Andrew Garfields Performance und Lin Manuel Mirandas musikalisches Fingerspitzengefühl schaffen hier etwas, das nicht nur Musical-Fans nahe gehen wird: eine Hommage an Larson selbst, und dabei eine Hommage an die Orientierungslosigkeit der Generation “Ende 20”.

Fazit:  4/5 Vanessa Hudgens-Comebacks. Ein Musical im Musical - und damit die doppelte Ladung Emotionen.


Unsere Serien- und Film-Expertin

Hannah Schürkamp - Film-Enthusiastin & Studentin (Geschichte, Englisch)

Hannah Schürkamp sitzt auf einem Sofa und schaut zur Seite
Foto: Sebastian Schütte

Nach zwei Semestern Medien-Studium habe ich mich schlussendlich dagegen entschieden, beruflich am Set zu arbeiten - meine Begeisterung für Filme und Serien hat dadurch jedoch nicht abgenommen. Egal welches Genre, ob Streaming, Kino oder DVD, Hollywood-Klassiker oder Low Budget-Produktion: sowohl gute als auch weniger gute Filme schaue und diskutiere ich unvoreingenommen und mit viel Liebe für die Sache.

Über Anregungen und Kommentare freue ich mich!