Von Stefan Weißenborn, dpa
Die Modellvielfalt auf dem Fahrradmarkt ist riesig. Für jede Nische gibt es ein passendes Modell. Hier sind Tipps, wie Sie das passende Fahrrad für ihre Bedürfnisse finden.
Ein breites Einsatzspektrum haben Trekkingräder. Und E-Bikes werden immer populärer. Zahlen zu den verkauften Modelltypen für das Jahr 2021 liefert der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV):
Zu den wichtigsten Fahrradtypen zählen:
Zwei Überlegungen stehen am Anfang:
«Man muss sich klar machen, ob man nur in der Freizeit fährt oder das Fahrrad alltäglich nutzt», sagt René Filippek vom ADFC. Für den Weg zur Arbeit müsse es kein Mountainbike sein, da sei ein Cityrad besser geeignet.
Wichtig: Im Budget sollten Sie auch das Zubehör einplanen - etwa ein gutes Fahrradschloss, Fahrradkleidung und Helm.
«Dafür gibt es im Internet Rahmengrößenrechner», sagt Filippek. Geben Sie dort ihre Körpergröße und Schrittlänge an. Als Ergebnis kommt die Rahmenhöhe für bestimmte Fahrradtypen heraus - oder Größenangaben wie S, M oder L für einzelne Modelle.
Tipp: So messen Sie die Schrittlänge
Sie stellen sich barfuß an eine Wand und klemmen sich ein Buch in den Schritt. Dann messen Sie im Lot den Abstand von der Oberkante des Buches bis zum Boden. Das Ergebnis ist die Schrittlänge. «Sie ist ein Werkzeug, um die passende Rahmenhöhe zu finden», sagt Filippek.
Pauschalaussagen, welche Schrittlänge zu welcher Rahmenhöhe passen, ließen sich nicht treffen. Dies variiere nach Modell, Radgattung und Hersteller. Nach Ansicht des Experten führen die Rahmengrößenrechner manchmal zu widersprüchlichen Ergebnissen.
Filippek nennt ein Beispiel: Ein Fahrradfahrer ist 1,82 Meter groß und hat eine Schrittlänge von 85 Zentimetern. Für Mountainbikes geben Schrittlängen-Rechner oft eine Rahmenhöhe von 49 Zentimetern an. Doch nach Körpergröße ermittelt, ergibt unsere Stichprobe auf einer Anbieter-Website wie megabike24.de eine abweichende Rahmenhöhe von 46 bis 48 Zentimetern.
Fazit: Filippek empfiehlt, die Ergebnisse nur als Richtwerte zu nutzen. Ob ein Fahrrad passt, können Sie am besten mit einer ausgiebigen Probefahrt herausfinden. «Die Ergonomie ist bei Alltagsrädern nicht so hoch zu bewerten», sagt Experte Zedler.
Wie der Radfahrer sitzt, wirkt sich auf seinen Fahrstil aus - aufrechter Sitz für mehr Komfort, aber weniger Fahrdynamik, etwas gebückter für den Schuss mehr Sportsgeist. Das lasse sich alles über Anbauteile und durch Einstellungen am Sattel und Lenker variieren.
Um die richtige Sattelgröße zu finden, verrät Filippek einen Trick: «Setzen Sie sich auf einen Hocker mit Wellpappe und bestimmen anhand des Abdrucks den Abstand der Sitzknochen zueinander, zum Beispiel 14 Zentimeter.» Die Spanne sollte dem gepolsterten Sattel-Bereich entsprechen.
Tipp für alle Männer: Um die Weichteile im Dammbereich zu schützen, haben viele Sattel eine Vertiefung. Ob das für Sie bequem ist, müssen Sie ausprobieren. Wenn man zu senkrecht sitze, könne es auf Dauer schon mal in Po oder Wirbelsäule zwicken, sagt Filippek.
Der Grund: Schläge durch Unebenheiten auf der Straße werden direkt in den Körper geleitet. Federsattelstützen versprechen Besserung - für einen Aufpreis ab rund 80 Euro.
Die Lenker-Enden sollten etwa Ihrer Schulterbreite entsprechen. Das beugt einer zu hohen Belastung in Brust- und Armmuskeln vor.
Grundsätzlich ist die Lenkerform stark vom Fahrradtyp abhängig:
Tipp: Achten Sie darauf, dass ihre Handgelenke nicht abknicken. Sonst können Nerven abgeklemmt werden. Das kann letztlich zu Schmerzen und tauben Fingern führen. Ergo-Griffe mit breiten Auflageflächen für die Handballen verhindern dies.
Diese Frage stellt sich nicht bei:
Denn diese Räder fahren fast immer mit Kettenschaltung - also mit großer Übersetzungsbandbreite. Das heißt, kleine Berggänge und hoch übersetzte Gänge für hohes Tempo. Auch die meisten Trekkingbikes schalten per Schaltwerk und Ritzel-Kassette.
Für Citybikes sind Nabenschaltungen oft ausreichend - mit grober abgestuften und insgesamt weniger Schaltstufen. Es sei denn, es wird wie in Stuttgart oder Bamberg hügelig. «Dann wird es mit einem Übersetzungsumfang von typischerweise bis zu neun Gängen anstrengend», sagt Filippek. Oder teurer - denn es gibt auch hochpreisige Nabenschaltungen, die mit elf Gängen (Shimano Alfine) oder 14 Gängen (Rohloff) mehr Spielraum bieten.
Komfortable Automatikschaltungen verbauen die Hersteller bevorzugt an Citybikes, auch sie sind teuer. Automatisierte Systeme gibt es etwa von Enviolo und Shimano. Teilautomatisierte, elektronische Kettenschaltungen haben hingegen einige teure Rennräder. Die Schaltung steuert den vorderen Umwerfer so, dass dieser einen verschleißintensiven Kettenschräglauf vermeidet.
Exkurs: der Riemenantrieb
Statt einer Fahrradkette kann ein Zahnriemen die Kraft auf das Hinterrad übertragen. Weil dieser ohne Fett funktioniert, bleiben auch die Hosenbeine frei von Schmiere.
Die eingearbeiteten Carbonfasern sorgen für hohe Zugfestigkeit, während sich eine Kette dagegen im Laufe der Zeit verlängert. Vor allem E-Biker müssen ihre Kette manchmal schon nach 1000 Kilometern austauschen - während ein Riemen ein Vielfaches dessen aushalten kann. Ein Carbon-Riemen kostet rund 50 Euro und mehr.
Einfache Ketten bekommen Sie schon ab 10 Euro. «Wenn man die Kosten auf die Lebensdauer hochrechnet, lohnt sich das», sagt Filippek.
Voraussetzung: Der Riemen ist korrekt eingespannt und läuft gerade. Andernfalls verschleißt auch er schnell. Mit einem Riemen büßt man Leichtlaufeigenschaften ein, vor allem, wenn er zu fest gespannt ist. «Die Kraftverluste sind höher als bei einer Kette», sagt Dirk Zedler vom Zedler Institut für Fahrradtechnik und -Sicherheit. Zudem können Sie den Riemen nur mit einer Nabenschaltung kombinieren.
Die kräftig zupackenden Scheibenbremsen haben an vielen Fahrrädern Felgenbremsen verdrängt. Doch wie unterscheiden sie sich genau?
Unterschieden wird bei den Scheibenbremsen zwischen zwei Typen:
Je mehr Kolben auf die Bremsscheibe drücken, desto feiner dosierbar wird die Bremskraft - und der Preis steigt. Rücktrittbremsen sind vor allem an Cityrädern noch verbreitet. Selten geworden sind laut Zedler die Rollenbremsen. Sie sind zwar wartungsarm, aber wegen geringer Bremskraft in vielen Landstrichen kaum empfehlenswert.
Wer im Internet kauft, kauft billiger. Die Preisunterschiede zum örtlichen Händler können bei vergleichbaren Rädern einige Hundert Euro ausmachen. Wer genau weiß, welches Fahrrad er will und welche Größe passt, der könne den Preisvorteil getrost nutzen, sagt Zedler. Allen anderen empfiehlt er die ausgiebige Probefahrt beim Händler.
Denn: Bestellen Sie beim Versender, kommt das Bike im Karton bei Ihnen an - meist nur vormontiert. Lenker und Pedale sollten Sie selbst anbringen können. Bei Carbonteilen sollten Sie einen Drehmomentschlüssel verwenden, um Schäden vorzubeugen.
Überhaupt sind Reparatur-Skills von Vorteil. Das sollten Sie können:
«So was sollte man selbst können, um nicht immer zum Händler zu müssen», rät Filippek. Denn dort sei man mit Fahrrädern vom Versender nicht immer gerne gesehen.
Tipp: Schauen Sie sich auch auf dem Gebrauchtradmarkt und Kleinanzeigen um. Hier können Sie Schnäppchen machen - etwa Fehlkäufe, die andere Radler wieder loswerden wollen. Das setzt allerdings voraus, dass Sie ihren genauen Bedarf kennen.
«Und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass man dann noch etwas in das Rad hineinstecken muss oder relativ bald Reparaturen oder neue Verschleißteile nötig sind», sagt Filippek.
Bei E-Bikes verschärfen sich die Herausforderungen: «Der Servicebedarf ist höher als beim klassischen Fahrrad», sagt Zedler. Bei Softwareproblemen, streikenden Akkus oder stotternden Motoren sei der Service durch den Online-Händler naturgemäß dürftig.
«Per Online-Check lässt sich nicht so einfach dechiffrieren, wo das Problem liegt», sagt Zedler.
Mittlerweile bauen einige der Online-Versender ein Filialnetz auf, um ihren Kunden neben der Beratung mittels Chats und Telefon weitere Anlaufstellen zu bieten.
Wer keine Lust hat sich abzustrampeln, kann ein Pedelec kaufen. Die Auswahl bei den motorisierten Fahrrädern ist mittlerweile groß. Der Auto Club Europa (ACE) gibt Tipps, wie Sie ein passendes Modell mit Elektromotor finden:
1. Preis: Meist kosten die Räder zwischen 2000 und 4500 Euro, aber es geht auch teurer. Braucht man das Pedelec nur hin und wieder für kürzere Strecken, muss es nicht das teuerste Modell sein.
Für den täglichen Einsatz oder längere Touren lohnt sich eine größere Investition vielleicht schon. Die meisten Modelle sind vorne gefedert. Soll für unbefestigte Wege auch das Hinterrad federn, wird es deutlich teurer.
Tipp: Ein Kompromiss könnten gefederte Sattelstützen sein, die sich meist nachrüsten lassen.
Gerade bei teuren Pedelecs rät der ACE zum Preisvergleich bei mehreren Händlern. Der Online-Handel sei nicht unbedingt am preiswertesten: Oft haben Händler um die Ecke das beste Angebot, verbunden mit passendem Service und einer Probefahrt.
2. Akku: Wird das Pedelec vor allem für den überschaubaren Arbeitsweg oder für lange Touren in der Freizeit genutzt? Die Reichweiten liegen zwischen rund 20 und 80 Kilometern. Je größer der Wattstunden-Wert des Akkus (Wh), desto größer die Reichweite.
Für gelegentliche Fahrten reicht meist ein Akku mit 300 oder 400 Wh. Für längere Trekking-Touren kann dagegen ein Akku ab 500 Wh lohnen.
Wurde der Akku bisher am Gepäckträger montiert, ist er inzwischen bei vielen Modellen unauffällig in die Rahmenform integriert. Das verbessert Schwerpunkt und Fahrgefühl.
Tipp: Abschließbare Akkus, die sich für den Ladevorgang entnehmen lassen, sind schwerer zu klauen. Die Ladezeit liegt je nach Hersteller und Modell meist zwischen zwei und fünf Stunden.
3. Gewicht: Müssen Sie das Pedelec mal tragen, mit dem Auto transportieren oder öfter ohne Motorunterstützung fahren? Dann lohnt ein Blick aufs Gewicht. Üblich sind 20 bis 30 Kilo. Am besten testen Sie bei einer Probefahrt das Rad auch ohne elektrische Unterstützung.
4. Motor: Er sitzt entweder in der Mitte zwischen den Pedalen oder an der vorderen oder hinteren Radnabe:
Der Hinterradmotor kann laut ACE zu Überhitzung am Berg neigen, beim Vorderradmotor fällt das Lenken schwerer. Auch durchdrehende Vorderräder können vorkommen.
In hügeliger Landschaft oder mit schwerer Ladung wie einem Anhänger sollte die Motorunterstützung unbedingt hoch genug sein.
Darauf verweisen die Angaben des maximalen Drehmoments in Newtonmetern (Nm). So sind Mountainbikes mit 60 bis 120 (Nm) unterwegs. Für ein Citybike reicht deutlich weniger.